Presse

Roth-Hilpoltstener Nachrichten und Schwabacher Tagblatt vom Samstag, 09.06.2022:

Der Tatort und die Hölle

Eine Keramikerin aus Eckersmühlen verhilft dem nächsten TV-Krimi made in Franken zu authentischer Wirkung

VON PETRA BITTNER

Die Orangerie von Schloss Dennenlohe hat sich für den Franken-Tatort in ein Keramik-Atelier verwandelt. Designed haben es Szenenbildnerin Debora Reischmann samt Team - unter anderem mit Arbeiten und Equipment von Roswitha Hölle aus Eckersmühlen.

Sie liebt den Umgang mit Ton und Feuer:
Roswitha Madlon Hölle

Toni ist tot. Dass Franken zum Tatort taugt, wissen Kriminalhauptkommissar Felix Voss und seine Kollegin Paula Ringelhahn längst. Denn die jagten schon achtmal in Serie das Verbrechen rund um Nürnberg, Fürth oder Bamberg. Jetzt ist die gefällige Ansbacher Gegend dran. Weil, wie gesagt: Toni ist tot!
Natürlich nicht in echt und Fans wissen´s freilich: Um diese Nachricht herum spinnt sich die Handlung im neuen, neunten Franken-Tatort „Hochamt für Toni".

Am 22. Juni haben die Dreharbeiten mit Fabian Hinrichs (Felix Voss) und Dagmar Menzel (Paula Ringelhahn) begonnen. Über etwaige Ansammlungen von Sendefahrzeugen, Filmleuten und Menschen mit offensichtlichen Schauspiel-Allüren sollte sich in oder um Ansbach also niemand wundern. Trotzdem liegt bei solchen Gelegenheiten für gewöhnlich Aufregung in der Luft.

Roswitha Hölle aus Eckersmühlen würde das dennoch kalt lassen, normalerweise jedenfallls. Tatort-Fan sei sei ja keiner, „wir haben nicht mal einen Fernseher". Und außerdem: Ansbach ist (relativ) weit weg.

Spiel mit dem Feuer

Roswitha Madlon Hölle schafft Keramiken seit Mitte der 1970er Jahre. Ihre erdig-archaischen Arbeiten, die stets in einem „Spiel mit dem Feuer" entstehen, schätzt man nicht nur im Landkreis Roth. Hölles Interesse wanderte nämlich mit der Zeit von der klassischen Gefäßkeramik zur augenfälligen Skulptur und keramischen Plastik. Mittlerweile experimentiert sie am liebsten mit unterschiedlichen Brennmethoden und lässt dabei auch entstehende Risse, Verletzungen oder Verkrustungen des Materials zu.

Man sollte das wissen, um zu verstehen, weshalb die Chef-Szenenbildnerin des aktuellen Franken-Tatorts Ende Mai ihr Handy zur Hand nahm und bei Roswitha Hölle durchklingelte. Debora Reischmann - so heißt die Szenenbildnerin - ist verantwortlich für „die Welt hinter den Schauspielern": Mobiliar, Wandfarbe, Essen, „sogar die Stifte, mit denen geschrieben wird". Und Reischmann war auf der Suche - „nach künstlerischer Keramik aus der Umgebung, die sowohl ein Gefühl von Weiblichkeit, als auch von Freiheit transportiert."

Keramik als Ventil

Warum? Weil es bei ihrer Arbeit immer auch darum gehe, „die Charaktere im Film richtig darzustellen, ihr Gefühlsleben zu unterstützen", erklärt Debora Reischmann. In „Hochamt für Toni" komme eine fragile Frauenfigur vor, die - wen wundert´s?! - im keramischen Arbeiten ein Ventil für ihre Emotionen gefunden habe.

„Ich bin sehr detailverliebt", sagt Reischmann (deren Handschrift übrigens auch im neuen Doris Dörrie-Film „Freibad" zu erkennen ist) über sich selbst. Daher sei die Internet-Suchmaschine so lange gelaufen, bis sie auf die Kunst Roswitha Hölles stieß: ursprünglich, „nicht so glatt" und dennoch feminin. „Einfach passend", um damit den Film-Charakter besagter Hobby-Keramikern authentisch zu unterstreichen.

„Will die mich veräppeln?"

„Ich hab´ zuerst gedacht, die will mich veräppeln", erinnert sich Roswitha Hölle noch gut an dieses Telefonat, bei dem Reischman anfragte, ob man sich Hölles Arbeiten für den nächsten Franken-Tatort ausleihen dürfe. Heute habe sie gut Lachen, erzählt Hölle. Doch damals hätte sie ihrerseits sofort den Hörer in die Hand genommen und angerufen - im Schloss Dennenlohe, wo eine nachgebaute Keramik-Werkstatt für den Tatort entstehen sollte, wie Debora Reischmann zuvor verraten hatte. Erst als man dort den Dreh bestätigte, sagte Hölle zu.

Mitte Juni rückten Szenenbildnerin Reischmann samt Assistenz dann auch schon in Eckersmühlen an, um sich vor Ort ein Bild zu machen - und waren „hellauf begeistert", berichtet Roswitha Hölle glücklich. Doch die beiden Frauen vom Film wollten nicht nur fertige Arbeiten, sondern auch Halbfertiges und dazu noch Schüsseln, Arbeitsbretter, Lappen, Handtücher, Pinsel, Werkzeuge. „Wir können alles brauchen", so der Bescheid.

„Himmelangst" geworden

Wenige Tage später habe schließlich ein Drei-Tonner vor der Tür der Hölles geparkt. Die Keramiken seien umsichtig verpackt und in den Lkw verladen worden, lobt die Hausherrin erleichtert. Ihr sei im Vorfeld nämlich „Himmelangst" geworden, „weil ich zwischen Mitte Juli und Anfang September zwei Ausstellungen zu bestücken habe" Doch die Ängste seien unbegründet gewesen - „alles ist unbeschadet in Dennenlohe angekommen."

Davon durften sich die Künstlerin und ihr Mann am Folgetag selbst überzeugen: Sie sollten die Orangerie des Schlosses in Augenschein nehmen, um zu beurteilen, ob die dargestellte Szenerie dort auch glaubwürdig aufgebaut worden sei.

Geniales Ambiente

„Total", schwärmt Roswitha Hölle im Nachhinein noch, „stimmig bis aufs i-Tüpfelchen!" Das Ambiente sei „genial", ihre Arbeiten hätten sich „wunderbar eingefügt". Und: Der Laster sei schon einen Tag, nachdem die entsprechenden Szenen im Kasten waren, wieder in Eckersmühlen vorgefahren. Selbstverständlich will sich Roswitha Hölle - Tatort-Fan hin oder her - das „Hochamt für Toni" nicht entgehen lassen. Im Frühjahr oder Sommer kommenden Jahres, dann, wenn der neunte Franken-Tatort in die Wohnzimmer flimmert, wird sie im Kreis der Nachbarschaft „irgendwo vor einem Fernseher sitzen". Das sei schon abgemacht, sagt Roswitha Hölle.

„War spannend!"

Debora Reischmann zieht bei dieser Vorstellung ein wenig Luft durch die Zähne: „Na hoffentlich ist sie dann nicht enttäuscht". Denn wie´s beim Film eben so sei: Der ganze Aufwand werde allerhöchstens wenige Sekunden ins Bild gepackt.

„Macht doch nix", meint Roswitha Hölle gelassen, „war spannend!" - vermutlich fast so spannend wie ein Franken-Tatort...

INFO:

Wer sich ihre Arbeiten genauer ansehen möchte: Roswitha Madlon Hölle ist Gastkünstlerin bei der Jahresausstellung des Künstlerkreises Heideck von 16. bis 18. Juli in der Heidecker Stadthalle.

Außerdem zeigt sie eine Auswahl ihrer Exponate zwischen 12. August und 4. September bei der Gemeinschaftsausstellung „Berührungsweise" (mit Karina Hederer, Ruth-Eva Karl, Kerstin Knappe und Angelilka Neff-Lehmann) in der Kunstschranne Weißenburg.